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Wednesday, July 8, 2020

Krishna Ella: Dieser Inder soll den ersten Corona-Impfstoff in sechs Wochen auf den Markt bringen - Handelsblatt

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Krishna Ella

Der Corona-Impfstoff wäre die Krönung der Karriere des Bharat-Biotech-Gründers.

(Foto: Bharat Biotech )

Bangkok Größer könnten die Erwartungen an Krishna Ella kaum sein: Diese Woche startet der indische Pharmaunternehmer erste Tests seines Coronavirus-Impfstoffs an Menschen. Bereits sechs Wochen später soll das Serum, das er Covaxin nennt, für den allgemeinen Gebrauch zur Verfügung stehen – so lautet zumindest die Vorstellung der indischen Gesundheitsbehörden. Sie erhoffen sich mit Ellas Hilfe ein schnelles Ende der Pandemie, die sich auf dem Subkontinent rasant ausbreitet. Doch viele Forscher halten die Eile in dem Zulassungsverfahren für gefährlich.

Ella, ein ehemaliger Mitarbeiter von Bayer, hält den Skeptikern seine Erfahrung entgegen: Seit der Gründung seines Unternehmens Bharat Biotech vor zweieinhalb Jahrzehnten hat er 16 Impfstoffe auf den Markt gebracht – etwa gegen das Rotavirus sowie das Influenza-Virus H1N1 – und nach eigenen Angaben mehr als vier Milliarden Impfdosen weltweit ausgeliefert.

„Einige Impfstoffe waren brandneu. Wir haben eine sehr hohe Expertise“, sagte Ella vor wenigen Tagen in einem indischen Fernsehinterview. Auch bei der Entwicklung des Anti-Corona-Mittels sei seine Priorität klar: „Wir wollen einen sicheren Impfstoff herstellen.“

Doch die Geschwindigkeit, die er nun zusammen mit den indischen Behörden an den Tag legen will, ist beispiellos. Indiens medizinischer Forschungsrat ICMR, der beim Gesundheitsministerium angesiedelt ist, schrieb vergangene Woche in einem Brief an beteiligte Forschungseinrichtungen, dass es der Wunsch sei, den Impfstoff spätestens bis zum 15. August für die Verwendung im öffentlichen Gesundheitssystem zur Verfügung zu haben.

Das Datum interpretierten Beobachter als Beleg für die politische Dimension des Projekts: Dar Tag ist Indiens Nationalfeiertag, an dem Regierungschef Narendra Modi traditionsgemäß eine Rede an die Nation hält. Es handele sich um „eines der Projekte mit Top-Priorität“, die auf höchster Regierungsebene verfolgt würden, hieß es in dem ICMR-Schreiben zum Start der klinischen Studie.

Forscher sehen Zeitplan kritisch

Unter indischen Wissenschaftlern stieß der extrem ambitionierte Zeitplan, mit dem Indien wohl alle anderen Impfstofftests rund um den Globus überholen würde, auf Kritik. „Ein derart beschleunigtes Entwicklungsverfahren hat es bei noch keinem einzigen Impfstoff gegeben“, schrieb Anant Bhan, Bioethik-Experte an der Manipal-Universität in Südindien, auf Twitter. Dies erscheine übereilt und berge Risiken.

Die Indische Akademie der Wissenschaften warnte vor „überstürzten Lösungen, die wissenschaftliche Standards untergraben“. Ihr Präsident Partha P. Majumder sagte, dass das Vorgehen den Ruf der gesamten Branche gefährde.

Angesichts der Kontroverse ruderten ICMR-Vertreter leicht zurück. Sie betonten, dass es sich beim 15. August um kein festes Startdatum für den Impfstoff handele. Das Schreiben habe lediglich das Ziel gehabt, bürokratische Hürden bei dem Testverfahren zu beseitigen.

Dass es den Indern darum geht, Corona-Impfungen in Rekordgeschwindigkeit zu ermöglichen, bleibt aber unbestritten: Das Land hat mit 720.000 Infektionen inzwischen die drittmeisten bestätigten Coronavirus-Fälle der Welt, hinter Brasilien und den USA. Trotz eines außerordentlich strengen Lockdowns, der über Monate dauerte, gelang es Modis Regierung nicht, die Ausbreitung der Pandemie zu bremsen. Die Zahl der Toten stieg auf über 20.000.

Die Krönung einer Karriere

Ob sein Impfstoff wirklich bereits im August dazu beitragen könnte, die Krankheitswelle zu stoppen, ließ Bharat-Biotech-Gründer Ella zuletzt unkommentiert. Er verspricht aber, dass Covaxin spätestens bis zum Jahresende bereitstehen würde. Auch das wäre ungewöhnlich schnell. An anderen Impfstoffen habe seine Firma zwölf bis 15 Jahre lang gearbeitet, erklärt Ella.

Sollte ihm das Vorhaben gelingen, wäre es für den 64-Jährigen die Krönung seiner Karriere. Ursprünglich wollte Ella als junger Mann die Landwirtschaft seiner Eltern im Bundesstaat Tamil Nadu weiterführen. Aus wirtschaftlichen Gründen entschied er sich aber stattdessen für eine Anstellung bei der Indien-Niederlassung des Bayer-Konzerns. Während er dort arbeitete, erhielt er ein Stipendium für ein Studium in den USA.

Nach dem Doktorat entschied er sich, nach Indien zurückzuziehen und dort gemeinsam mit seiner Frau Suchitra, die unter anderem für das Marketing zuständig ist, Bharat Biotech zu gründen. Das Familienunternehmen, das rund 700 Mitarbeiter hat, machte sich einen Namen mit Impfstoffen, die deutlich günstiger sind als Konkurrenzprodukte. Bei Tollwutimpfungen ist es nach eigenen Angaben Weltmarktführer.

Sollten die klinischen Tests von Covaxin, wie von Ella erhofft, ohne Probleme ablaufen, will das Unternehmen auch damit schnell zur Massenproduktion übergehen: Das Ziel sei eine Produktion von 300 Millionen Impfdosen pro Jahr, teilt Ella mit. Ein Satz, den der Unternehmer bereits im vergangenen Dezember äußerte, könnte für das Projekt als Motto dienen: „Unter Druck“, sagte Ella bei der Vorstellung eines neuen Rotavirus-Impfstoffs, „arbeiten Inder ganz hervorragend.“

Mehr: Sanofi erwartet Zulassung von Corona-Impfstoff im ersten Halbjahr 2021




July 08, 2020 at 06:52PM
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